Weitere spirituelle Impulse

5. Fein abgestimmt

Hinführung

Richtet einen Platz für euch her – mit Blumen (sie dürfen gerne duften, z.B. Krokus) Früchten, intensiven Gewürzen und Düften. Gerne auch etwas zum Trinken…

Das Ganze darf an einen exotischen Garten erinnern…

Vielleicht habt ihr eine Lieblingsmusik zur Einstimmung…

"Garten"

Wie ist es für euch in einem Garten zu sein? Habt ihr einen Garten oder einen Balkon, was bedeutet er für euch? Vielleicht erinnert ihr euch an einen lauen Sommerabend. Welche Sehnsüchte klingen im Bild des Gartens für euch an?

Erzählt euch davon.

„Garten“ ist seit jeher ein Bild für Fülle und Fruchtbarkeit, ein geschützter und umgrenzten Ort, der aber nicht einengt sondern Freiheit atmen lässt.  Ein Sehnsuchtsort – weit mehr als es ein konkreter Garten je sein könnte. Das gilt auch für die Bibel. 

Da ist schon gleich zu Beginn vom „Garten Eden“ die Rede – dem Paradies. Alles ist da, was der Mensch zu seinem Glück braucht: Wasser, Pflanzen, Bäume, Tiere – und auch ein Gegenüber. Der Garten ist das Bild schlechthin für das innige und intime Zusammensein von Liebenden, von Mann und Frau.

In einem späteren Text der Bibel wird das Bild das Gartens wieder aufgegriffen. Besonders im sogenannten Hohenlied, einer Sammlung von Liebesliedern im AT.

Eines davon lautet in einer freien Übersetzung so: (lest es euch gegenseitig vor)



Lied des Gartens

(Hld 4, 12-16)

Sie:
Nordwind und Südwind,
fächelt den Balsamduft
in meinen Garten!

Komm nun, mein Freund,
dein Garten ruft dich;
komm nun und iss
von den köstlichen Früchten!

Er:
Ja, meine Freundin,
ich pflücke die Myrrhe,
ich pflücke den Balsam,
trinke Milch und Honig
und esse von den köstlichen Früchte.
Esst, Freunde! Trinkt!
Feiert mit uns
Das Fest
Der berauschenden Liebe!

aus: J. Dirnbeck, Das Hohe Lied der Liebe


Was spricht euch bei diesem Text an? Was irritiert und befremdet euch?

Seid ihr überrascht, solch einen Text in der Bibel zu finden?

Kleiner Exkurs:

In der Sammlung des Hoheliedes im AT finden wir eine ganze Reihe solcher Liebesgedichte. Poetisch sind sie – und auch erotisch. Sie lassen Frau und Mann zu Wort kommen und beschreiben den Zauber des Begehrens, die Lust aneinander – ganz ohne Hinweis auf gesellschaftliche Konventionen und moralische Bedenken. Wie kommen solche Texte in die Bibel, fragt man sich. Waren es Lieder, die man auf Hochzeiten gesungen hat? Vielleicht am Hof des Königs Salomo?

Es gab schon im Judentum Bedenken, ob diese Texte wirklich in die Bibel gehören. Und spätestens im Christentum wurden Lust und Begehren zur Sünde. Der Eros muss gekreuzigt werden – so hat es Ignatius v. Antiochien, ein früher Theologe gesagt. Nur die reine, geistige Liebe hatte im Christentum Platz. Die Liebe zu Gott und die Nächstenliebe. Nicht Eros, sondern Caritas und Agape.

Das hatte Folgen, die manche von uns bis heute spüren. Eine befreite Sinnlichkeit und Sexualität musste oft erst erkämpft werden. Und es ist ja ohnehin nicht ganz ungefährlich, zu lieben und sich lustvoll hinzugeben. Manchmal werden wir zurückgewiesen. Die Gefühle werden nicht erwidert, manchmal sogar ausgenutzt und betrogen. Oder wir fühlen uns wenig anziehend und begehrenswert, zu alt für die Liebe...

Aber diese Liebesgedichte haben ihren Platz in der Bibel behalten. Auch sie sind „Wort des lebendigen Gottes“. Gott hat uns als geschlechtliche Wesen geschaffen, leidenschaftlich und zärtlich, fähig zur Begeisterung und bereit, über uns selbst hinauszuwachsen – mit Haut und Haar.

Wenn ihr wollt, tauscht euch über diese Gedanken aus. Wie habt ihr es erlebt? Passen für euch Sinnlichkeit und Religion zusammen? Musstet ihr euch vielleicht von einer zu engen Sicht befreien?


Orientalische Poesie

„Du bist ein Garten mit köstlichen Pflanzen: Granatäpfel, Henna und Narde, Krokus, Gewürzrohr und Zimt. Aloe. Weihrauch und Myrrhe und jeder erdenkliche Balsam (Duft) .“

Gewürze, Düfte, Früchte - in dem Liebesgedicht wird alles aufgefahren, um die Geliebte zu preisen: Lasst euch inspirieren von den Blumen, Gewürzen und Früchten, die ihre hergerichtet habt. Fallen euch auch Bilder und Vergleiche ein? Ein Beispiel: „Du bist für mich wie  Zimt, ich liebe den zarten Duft deiner Haut … “ Nehmt es als ein liebevolles Spiel. Es darf ruhig auch gelacht werden. 


Salbungsritual

Wer liebt, macht sich verletzlich. Wir brauchen den Schutzraum eines „Gartens“, um uns zu zeigen, wie wir sind. Um uns zu öffnen. Seelisch und körperlich. Auch wenn wir es nicht wollen, so lassen sich Verletzungen und Irritationen nicht vermeiden. Gerade in lang andauernden Beziehungen gibt es deswegen immer auch eine Tendenz, sich innerlich zurück zu ziehen und auf Distanz zu gehen. Aber wir können immer wieder aufeinander zugehen, Verletzungen können heilen. Wir können wieder „heil“ und ganz werden. Das wird seit jeher durch Ritual des Salbens ausgedrückt.

Nehmt ein wohlduftendes Öl und salbt eure Hände – vielleicht auch die Füße, die Stirn - so wie es für euch passt. Macht es achtsam und liebevoll.

Zum Abschluss könnt ihr abwechselnd das Gebet sprechen:

Gebet

Gott, du bist die Liebe.
wir danken dir, dass du uns füreinander geschaffen hast.
Wir haben Freude aneinander,
an weichen Lippen,
an blinzelnden Augen,
an schönen Haaren,
an unseren Gliedmaßen.
Wir können Lust empfinden
und uns gegenseitig Liebe geben, dass die Funken sprühen.

Die Fülle des Lebens hast du uns verheißen
und wir dürfen sie genießen, weil sie von dir kommt.
Lass uns dankbar sein für unseren Körper,
egal wie er ist, perfekt oder mit Ecken und Kanten,
denn ist er ein Geschenk von dir.
Senke die Kraft der Lebensfreude in uns,
darum bitten wir dich, Gott, du Freund der Liebenden. Amen.

Cornelia Rauch

 

Lasst eure Gedanken und Gefühle in einem Lied oder einer Musik weiterklingen. 


Mechthild Alber